Trudarmee

 

Ausgehend vom Befehl des staatlichen Verteidigungskomitees der UdSSR vom 10. Januar 1942 waren alle Männer im Alter von 17 bis 50 Jahre in so genannte Arbeitsarmeen (Trudarmee) zusammenzufassen. Im Oktober 1942 wurde diese Altersbegrenzung auf 15 bis 55 Jahre erweitert. Nunmehr erfolgte auch die Mobilisierung von Frauen im Alter von 16 bis 45 Jahren für die Arbeitsarmeen, soweit sie keine Kinder unter drei Jahren hatten. Den Ausgangspunkt zur Schaffung von Arbeitsarmeen bildete ein von Stalin erlassener Befehl vom 8. September 1941 . Demnach sollten alle Angehörigen der Roten Armee deutscher Herkunft entlassen, in speziellen Arbeitsbataillonen bzw. -kolonnen zusammengefasst und im Hinterland eingesetzt werden. Der Befehl vom 10. Januar 1942 enthielt nicht nur die Mobilisierung der deutschen Männer für die Arbeitsarmeen, sondern auch Bestimmungen über das Regime der Arbeitskolonnen. Demzufolge waren alle Betroffenen den Bedingungen und Arbeitsnormen der sowjetischen Straflager – dem berüchtigten System des GULAG – unterworfen. Sie wurden unter dem harten Sonderregime – militärisch organisierter und völlig rechtloser Zwangsarbeitsdienst – beim Aufbau von evakuierten Industrieanlagen, im Berg-, Straßen- und Bahnbau sowie in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt. Die Trudarmisten waren zumeist in Baracken oder Erdhütten hinter Stacheldraht und Wachtürmen untergebracht.

Trudarmisten im Steinbruch - Tscheljabmellaurgstroj 1942

 

{Namen der Trudmobilisierten aus Stahl am Karaman}

Bossert, Friedrich des Gottfried ✴1923, mobilisiert aus Berlestik, 24.02.1942 nach Kyschtym 20.09.1946

Bossert, Gottlieb des Gottlieb ✴1902, mobilisiert aus Koschzeno,  25.06.1942 ✝

Bossert, Gottfried des Gottfried ✴1911, mobilisiert aus Berlestik, verhaftet 07.08.1942

Bossert, Friedrich des Friedrich, ✴1903, mobilisiert aus Kamennyj Brod, nach Kyshtym 20.11.1946

 

Glöckner, Alexander des Gottlieb, ✴1905, mobilisiert aus Scholakosek am 09.02.1942, verhaftet 15.10.1942/10 Jahre Haft

Glöckner, Jakob des Gottlieb, ✴1891, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, verhaftet 07.11.1942/10 Jahre Haft

 

Hilgenberg, Heinrich des Heinrich, ✴1904, mobilisiert aus Kasanka, versetzt nachTurgojak 26.10.1943

Hilgenberg, Heinrich des Theodor, ✴1898, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, 02.02.1943 ✝

Hilgenberg, Heinrich des Heinrich, ✴1900, mobilisiert aus Kurkulowka, Dschalal-Abad am 20.04.1942, entlassen 01.07.1945

Hilgenberg, Gottlieb des Heinrich, ✴1906, mobilisiert aus Kasanka, nach Kyshtym 10.12.1946

Hilgenberg, David des Gottfried, ✴1907, mobilisiert aus Kasanka, 19.11.1942 ✝

Hilgenberg, Alexander des Johann, ✴1914, mobilisiert aus Paj-Aryk, Samarkand am 21.04.1942, nach Kyshtym 31.08.1946

Hilgenberg, Johann des Johann, ✴1909, mobilisiert aus Kasanka am 09.02.1942, nach SU-865 30.12.1946

 

Henneberg, Gottlieb des Heinrich, ✴1913, mobilisiert aus Sarsaj am 09.02.1942, 15.12.1942

Henneberg, David des David, *1913, mobilisiert aus Kolesnikowka am 09.04.1942, gestorben 16.06.1942 ✝

 

Jost, David des Andreas, ✴1923, mobilisiert aus Judinka am 09.02.1942, gestorben am 24.04. 1942 †

Jost, Gottlieb des Karl, ✴1916, mobilisier aus Kamenyj Brod am 09.02.1942, OHO 31.03.1944

Jost, Gottfried des Gottfried, ✴1901, mobilisiert aus Tulsk am 09.02.1942, gestorben am 12.11.1942 †

Jost, Gottlieb des Gottlieb, ✴1916, mobilisiert am 09.02.1942, gestorben am 30.05.1942 †

Jost, Konrad des Konrads, ✴1914, mobilisiert am 09.02.1942, gestorben am 23.08.1942 †

Jost, Georg des Gottlieb, ✴1897, mobilisiert aus Gratschjowka am 03.10.1942, entlassen am 06.05.1943

Jost, Georg des Georg, ✴1903, mobilisiert aus Berlestyk am 03.10.1942, gestorben am 30.12.1942 †

Jost, Alexander, des Heinrich, ✴1920, mobilisiert aus Judinka am 05.02.1942, gestorben am 05.10.1942 †

 

Justus, Alexander des Alexander, ✴1914, mobilisiert aus Gratschjowka am 09.02.1942, verhaftet 28.08.1942/erschossen ✝

Justus, Alexander des Gottlieb, ✴1922, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, entlassen 30.09.1946

Justus, Alexander des Gottfried, ✴1908, mobilisiert aus Berlestik am 09.02.1942, verhaftet 21.01.1943/10 Jahre Haft

Justus, Alexander des Kaspar, ✴1907, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, verhaftet 22.11.1942

Justus, Alexander des Christian, ✴1908, mobilisiert aus Judinka am 09.02.1942, verhaftet 29.10.1942

Justus, Alexander des Jakob, ✴1923, mobilisiert aus Serbulak am 16.02.1942, nach SU-859 20.02.1946

Justus, Heinrich des Gottfried, ✴1891, mobilisiert aus Berlestik am 09.02.1942, entlassen 22.02.1943

Justus, Gottlieb des Gottlieb, ✴1900, mobilisiert aus Woskresenowka am 09.02.1942, verhaftet 14.10.1942/erschossen ✝

Justus, Gottlieb des Gottlieb, ✴1902, mobilisiert aus Koskol am 09.02.1942, entlassen 08.01.1943

Justus, Gottlieb des Konrad, ✴1911, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, 08.14.1942 ✝

Justus, Gottlieb des Jacob, ✴1898, mobilisiert aus Kutusowka am 09.02.1942, entlassen 06.08.1945

Justus, Gottlieb des Jacob, ✴1917, mobilisiert aus Sarybulak am 09.02.1942, Kyschtym 20.07.1946

Justus, Gottfried des Kaspar, ✴1898, mobilisiert aus Kirilowka am 09.02.1942, 11.10.1942 ✝

Justus, Gottfried des Jakob, ✴1904, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, Tjubuk 30.10.1946

Justus, Gustav des Gottfried, ✴1905, mobilisiert aus Sarybulak am 09.02.1942, versetzt zum Belomorsko-Baltijskij-Kanal(Weißmeer-Ostsee-Kanal)/NKWD am 30.10.1944

Justus, Gustav des David, ✴1924, mobilisiert aus Berlestik am 09.02.1942, nach SU-859 06.12.1945

Justus, Gustav des Christian, ✴1909, mobilisiert aus Judinka am 09.02.1942, entlassen 29.04.1944

Justus, David des Gottlieb, ✴1923, mobilisiert aus am 09.02.1942, 04.07.1942 ✝

Justus, David des Heinrich, ✴1909, mobilisiert aus Sarsaj, entlassen am 29.3.1943

Justus, David des David, ✴1911 mobilisiert aus der Kolchose "Grosa Burzhuasii" am 9. Februar 1943, verhaftet am 2.6.1943

Justus, David des David, ✴1923 mobilisiert aus Berlestik am 9.2.1942, entlassen am 20.7.1946 Kyschtym

Justus, David des David, ✴1924, mobilisiert aus Katschilowka am 9.2.1942 entlassen am 20.9.1946 Kyschtym

Justus, David des Theodor, ✴1910, mobilisiert aus der Kolchose "Zweite Pjatiletka" am 9.2.1942, entlassen am 30.10.1946 Tjubuk

 

Kämpf, Alexander des Kaspar, ✴1907, mobilisiert aus Galizino, verhaftet am 20.08.1942/erschossen ✝

Kämpf, Heinrich des Heinrich, ✴1901, mobilisiert aus Jelezkoje am 09.02.1942, 08.12.1942 ✝

Kämpf, Gottlieb des Georg, ✴1912, mobilisiert aus Wolodarskoje, entlassen am 25.07.1946

Kämpf, Gotlieb des Gottlieb, ✴1896, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau, entlassen am 22.02.1943

Kämpf, Gottlieb des Kaspar, ✴1916, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, verhaftet am 12.02.1943

Kämpf, David des Christian, ✴1902, mobilisiert aus Wsewolodowka am 19.04.1942, verhaftet am 23.07.1942/erschossen ✝

Kämpf, Karl des Jakob, ✴1904, mobilisiert aus Nikolskoje am 09.02.42, entlassen am 10.02.1947

Kämpf, Kaspar des Heinrich, ✴1901 mobilisiert aus Osken am 09.02.1942, entlassen am 22.03.1943

Kämpf, Christian des Christian, ✴1898, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau, 22.02.1944 ✝

Kämpf, Jakob des Jakob, ✴1902, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau, entlassen am 25.07.1946

Kämpf, David des Alexander, ✴1916, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, nach SU-859 05.04.1946

Kämpf, Jakob des Jakob, ✴1908, mobilisiert aus Schalakosek am 09.02.1942, entlassen am 10.05.1943

 

Kraus, Christian des Christian, ✴1911, mobilisiert aus Ksyl-Asnar, entlassen am 17.02.1943

Kraus, Karl des Karl, ✴1914, mobilisiert aus Kolchose "imemi Stalina" am 31.08.1941, entlassen am 20.06.1946 Tjubuk SU 859

Krause, Georg des David, ✴1907, mobilisiert aus Karasewka am 17.04.1942, entlassen 10.08.1946

Kraus, Jakob des Jakob, ✴1914, mobilisiert aus Sartunsk am 17.07.1942, entlassen am 30.09.1943

Kraus, Heinrich des Christian, ✴1909, mobilisiert aus Woroschilowo am 30.03.1942, entlassen 01.11.1946 Tjubuk SU 859

 

Kutscher, Karl des Johann, ✴1906, mobilisiert aus Perestawenko am 30.03.1942, entlassen 10.11.1944

 

Krutsch, Alexander des Gottlieb, ✴1903, mobilisiert aus Karasjowka am 09.02.1942, 07.01.1943 ✝

Krutsch, Alexander des Gottfried, ✴1923, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, versetzt zum Belomorsko-Baltijskij-Kanal(Weißmeer-Ostsee-Kanal)/NKWD am 30.10.1944

Krutsch, Alexander des David, ✴1908, mobilisiert aus Kasgorodok(Syrymbet) am 09.02.1942, entlassen am 10.09.1946

Krutsch, Alexander des David, ✴1912, mobilisiert aus Jelezkoje, am 09.02.1942, entlassen am 10.04.1947

Krutsch, Alexander des Kaspar, ✴1924, mobilisiert aus Gratschjowka, 02.03.1942, 26.01.1943 ✝

Krutsch, Alexander des Jakob, ✴1902, mobilisiert aus Idostyk am 09.02.1943, 14.07.1942 ✝

Krutsch, Heinrich des Heinrich, ✴1900, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, nach SU-859 20.05.1943

Krutsch, Heinrich des Heinrich, ✴1923, mobilisiert aus Kamennyj Brod, 09.02.1943, 01.07.1942 ✝

Krutsch, Heinrich des Philipp, ✴1907, mobilisiert aus Nadeewka am 09.02.1942, 31.05.1943 ✝

Krutsch, Heinrich des Friedrich, ✴1904, mobilisiert aus Koskol am 09.02.1942, entlassen am 29.03.1943

Krutsch, Gottlieb des Gottlieb, ✴1904, mobilisiert aus Prekrasnoje am 09.02.1942, 16.09.1942 ✝

Krutsch, Gottlieb des Gottlieb, ✴1907, mobilisiert aus Karasjowka am 09.02.1942, entlassen am 30.09.1946

Krutsch, Gottlieb des Gottlieb, ✴1918, mobilisiert aus "Kada-Mys" Kolchose am 09.02.1942, 14.03.1943 ✝

Krutsch, Gottlieb des Gottlieb, ✴1923, mobilisiert aus "Bodaj" Kolchose am 09.02.1942, Nach Kyschtym 30.12.1946

Krutsch, Gottfried des Heinrich, ✴1899, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau 16.02.1942, 30.08.1942 ✝

Krutsch, Gottfried des Gottfried, ✴1894, mobilisiert aus Kasgorodok(Syrymbet) am 09.02.1942, 25.05.1943 ✝

Krutsch, Gottfried des Gottfried, ✴1911, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, entlassen am 30.10.1946

Krutsch, Gottfried des Kaspar, ✴1900, mobilisiert aus Sulukol am 09.02.1942, 01.07.1942 ✝

Krutsch, Gottfried des Jakob, ✴1904, mobilisiert aus Sarja am 09.02.1942, entlassen am 12.05.1943

Krutsch, David des David, ✴1895, mobilisiert aus Jelezkoje am 16.04.1942, verhaftet am 22.08.1943

Krutsch, David des Kaspar, ✴1904, mobilisiert aus Samsonowka am 20.10.1942, entlassen am 20.11.1946

Krutsch, David des Jakob, ✴1908, mobilisiert aus Birlestik am 09.02.1942, entlassen am 29.03.1943

Krutsch, Johann des Gottlieb, ✴1911, mobilisiert aus Kasgorodok(Syrymbet) am 09.02.1942

Krutsch, Johann des Johann, ✴1926, mobilisiert aus Perestawenka am 09.02.1942, nach SU-859 13.02.1946

Krutsch, Johann des Kaspar, ✴1896, mobilisiert aus Perestawenko am 09.02.1942, verhaftet am 07.08.1942

Krutsch, Kaspar des Friedrich, ✴1898, mobilisiert aus Gratschjowka am 09.02.1942, 02.03.1943 ✝

Krutsch, Friedrich des Friedrich, ✴1900, mobilisiert aus Kasgorodok(Syrymbet) am 18.04.1942, entlassen am 14.01.1943

Krutsch, Friedrich des Friedrich, ✴1924, mobilisiert aus Kasgorodok(Syrymbet) am 09.02.1942, nach Kyschtym 30.12.1946

Krutsch, Jakob des David, ✴1912, mobilisiert aus Karakamys am 09.02.1942, nach Kyschtym 10.12.1946

 

Knoll, Alexander des Heinrich, ✴1923, mobilisiert aus Kasanka, versetzt am 04.01.1945 zur 3. Lagereinheit

Knoll, Gottlieb des Friedrich, ✴1908, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, nach Tjubuk 01.11.1946

Knoll, David des Heinrich, ✴1897, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, entlassen am 10.08.1946

Knoll, David des David, ✴1914, mobilisiert aus Kutusowka am 09.02.1942, entlassen am 30.05.1946

Knoll, David des David, ✴1921, mobilisiert aus Sarsaj am 09.02.1942, nach Tjubuk SU-859 20.06.1946

Knoll, David des Karl, ✴1907,mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, 26.12.1942 ✝

Knoll, David des Konrad, ✴1908, mobilisiert aus Prekrasnoje am 09.02.1942, 20.09.1942 ✝

Knoll, David des Gottlieb, ✴1908, mobilisiert aus Karatal, versetzt zum Belomorsko-Baltijskij-Kanal(Weißmeer-Ostsee-Kanal)/NKWD am 30.10.1944

Knoll Georg des Johann, ✴1904, mobilisiert aus Wysokoje, verhaftet 02.12.1942/erschossen ✝

Knoll, Johann des Gottlieb, ✴1910, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau, entlassen 22.02.1943

Knoll, Karl des Karl, ✴1909, mobilisiert aus Entiagasch 09.02.1942, † 09.12.1942

Knoll, Konrad des Konrad, ✴1906, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau, nach SU-859 13.04.1946

Knoll, Friedrich des David, ✴1900, mobilisiert aus Koskol am 09.02.1924, entlassen am 10.03.1943

Knoll, Christian des Heinrich, ✴1909, mobilisiert aus Kamennyj Brod am 09.02.1942, 25.01.1943 ✝

Knoll, Christian des Christian, ✴1909, mobilisiert aus Semjonowka am 09.02.1942, verhaftet am 1942/erschossen ✝

 

Loresch, Heinrich des Kaspar, ✴1923, mobilisiert aus Molotow-Kolchose am 09.02.1942, entlassen 30.06.1946

Loresch, Heinrich des Heinrich, ✴1894,mobilisiert aus Rayon Ajyrtau, entlassen 17.02.1943

Loresch, Heinrich des Konrad, ✴1903, mobilisiert aus Katschilowka am 09.02.1942, entlassen 22.09.1943

Loresch, Gottlieb des Gottlieb, ✴1908, mobilisiert aus Woskresenka am 09.02.1942, verhaftet 18.08.1942/erschossen ✝

Loresch, Gottlieb des Kaspar, ✴1924, mobilisiert aus Kasgorodok(Syrymbet) am 09.02.1942, entlassen 09.07.1942

Loresch, Gottfried des Gottlieb, ✴1902, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau, ✝3.08.1942 ✝

Loresch, Gottfried des Gottfried, ✴1907, mobilisiert aus Sarsaj am 09.02.1942, 26.08.1944 nach TagilLag

Loresch, Karl des Heinrich, ✴1901, mobilisiert aus Sarja am 09.02.1942, entlassen 08.03.1943

Loresch, Friedrich des Heinrich, ✴1906, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau 09.02.1942, 20.06.1942 ✝

Loresch, Alexander des Christian, ✴ mobilisiert aus Kasgorodok(Syrymbet) am 09.02.1942, entlassen am 24.08.1944

 

Martin, Heinrich des Gottlieb, ✴1909, mobilisiert am 09.02.1942 aus Rayon Ajyrtau, entlassen 15.05.1947

Martin, David des Gottlieb geb.1907, mobilisiert am 09.02.1942 Rayon Ajyrtau, entlassen 15.05.1947

Martin, Gottlieb des Gottlieb geb.1914, mobilisiert am 09.02.1942 Rayon Ajyrtau, entlassen 15.05.1947

Martin, Gottfried des Georg, ✴1904, mobilisiert am 09.02.1942 aus Kamennyj Bord, entlassen 10.04.1947

Martin, Heinrich des Karl, ✴1912, mobilisiert am 09.02.1942 aus Ekindagasch, verhaftet 03.09.1942

Martin, Gottlieb des Kaspar, ✴1919, mobilisiert am 09.02.1942 aus Wysokoje, entlassen 30.11.1946 SU 859

Martin, Gottlieb des Gottlieb, ✴1898, mobilisiert 09.02.1942 aus Koskol, gestorben 27.12.1942 ✝

Martin, Gottfried des Karl, ✴1906, mobilisiert am 09.02.1942 aus Ekindagasch, gestorben 27.12.1942 ✝

Martin, Alexander des Alexander, ✴1924, mobilisiert am 09.02.1942 aus Kasgorodok, verurteilt 08.04.1946

Martin, Andrej des Georg, ✴1912, mobilisiert am 09.02.1942 aus Sarsaj, gestorben 21.01.1943 ✝

Martin, Gottlieb des Heinrich, ✴1908, mobilisiert am 09.02.1942 aus Gebiet Taschkent, gestorben 06.09.1944 ✝

Martin, Gottfried des Gottfried, ✴1902, mobilisiert am 09.02.1942 aus Koskol, entlassen 17.07.1942

 

Müller folgt

 

Ott, David des Jakob, mobilisiert aus Natschilowka am 19.12.1942, entlassen 24.04.1943

Ott, Heinrich des Alexander, ✴1915, mobilisiert aus Kamennyj Bord am 19.12.1942, entlassen 10.09.1946 Kyschtym

Ott, Heinrich des David, ✴1911, mobilisiert aus Lesnikowskoe am 19.12.1942, entlassen 20.03.1943 SU 859

Ott, Gottlieb des David, ✴1915, mobilisiert aus Kolosinowka am 19.12.1942, entlassen 31.08.1946 Kyschtym

Ott, David des Kaspar, ✴1911, mobilisiert aus Gratschewka 19.12.1942, gestorben 25.02.1943 ✝

Ott, Alexander des Alexander, ✴1908, mobilisiert aus Kolchose "Potaj" am 19.12.1942, verhaftet 23.07.1943

Ott, Gottlieb des David, ✴1915, mobilisiert aus Natschilowka am 19.12.1942, entlassen 1946

 

Pflaum, Heinrich des Heinrich, ✴1907, mobilisiert aus Rayon Ajyrtau am 09.02.1942, entlassen 10.09.1946

Pflaum, Gottlieb des Gottlieb, ✴1911, mobilisiert aus Karasjowka am 09.02.1942, entlassen 20.10.1946

Pflaum, David des Heinrich, ✴1910, mobilisiert aus Degtjarenko am 09.02.1942, entlassen 20.11.1946

Pflaum, David des Heinrich, ✴1907, mobilisiert aus Kolchose "Zweite Pjatiletka" am 09.02.1942, entlassen 31.05.1943

Pflaum, Christian des Christian, ✴1989, mobilisiert aus Wisjoloje am 09.02.1942, verhaftet 02.12.1942

Pflaum, Gottfried des Fedor, ✴1894, mobilisiert aus Kolchose "Imeni Molotowa" am 09.02.1942, am 05.09.1946 nach Tjubuk SU-859

Pflaum,Gottfried des Christian, ✴1912, mobilisiert aus Wesjoloje am 09.02.1942, gestorben 10.02.1943 ✝

Pflaum, Gottlieb des Gottlieb, ✴1923, mobilisiert aus Prekrasnoje am 09.02.1942, entlassen 10.10.1946

Pflaum, Christian des Heinrich, ✴1901, mobilisiert aus Kolchose "Zweite Pjatiletka" am 09.02.1942, gestorben 17.08.1942 ✝

 

Preger, Gottfried des Heinrich, *1911, mobilisiert aus Kolchose "Berlistik" am 05.09.1942, verurteilt am 17.08.1943

Preger, David des Heinrich, *1911, mobilisiert aus Usken am 05.09.1942, gestorben 29.04.1943 ✝

Preger, David des Jakob, *1909, mobilisiert aus Katschilowsk am 05.09.1942, gestorben 29.04.1943 ✝

Preger, Kaspar des Friedrich, *1905, mobilisiert aus Jelezk 05.09.1942, gestorben 01.02.1943 ✝

Preger, Heinrich des Heinrich, *1913, mobilisiert aus Slawjanka am 05.09.1942, gestorben 31.07.1943 ✝

Preger, Heinrich des Heinrich, *1909, mobilisiert aus Berlistik am 05.09.1942, verhaftet 18.01.1943

Preger, Gottlieb des Gottlieb, *1923, mobilisiert aus Berlistik am 05.09.1942, gestorben 08.08.1943 ✝

Preger, Friedrich des Friedrich, *1897, mobilisiert aus Talas am 05.09.1942, entlassen 31.08.1946 Kyschtym

Preger, Jakob des Friedrich, *1897, mobilisiert aus Kassin 05.09.1943, gestorben 27.04.1943 ✝

 

Rein, David des Kaspar, * 1923, mobilisiert aus Uspen am 30.05.1942, entlassen 10.10.1946 SU 859

Rein, Christian des Christian, *1892, mobilisiert aus Wostotschnoe am 20.09.1942, entlassen 07.07.1943

 

Rose, David des Jakob, *1906, mobilisiert aus Sartubek am 13.01.1943, entlassen 06.10.1943

 

Schneider folgt

 

Schmidt folgt

 

Spretz, Christian des Christian, ✴1914, mobilisiert aus Galizyno am 05.09.1941, entlassen Kyschtym 30.12.1946

Spretz, Christian des Gottlieb, ✴1908, mobilisiert aus Galizyno am 05.09.1941, gestorben am 06.08.1942 †

 

Sprenger, Theodor des Theodor, ✴1915, mobilisiert aus Golizyno am 05.09.1941, gestorben am 21.05.1942 †

 

Urbach, Heinrich des Heinrich, ✴1924, mobilisiert aus Woskresenka am 05.09.1942, Tjubuk 30.10.1946

Urbach Alexander des Friedrich, ✴1913, mobilisiert aus Karagamysch am 05.09.1942, gestorben 22.03.1943 †

Urbach, David des David, ✴1901, mobilisiert aus Kagan am 05.09.1942, entlassen am 21.04.1943

Urbach, Gottlieb des David, ✴1902, mobilisiert aus Sarsaj am 05.09.1942, SU 859 am 05.10.1946

Urbach, David des Gottlieb, ✴1901, mobilisiert aus Kagan am 05.09.1942, gestorben am 30.11.1942 †

Urbach, Alex des Alexsander, ✴1914, mobilisiert aus Kasanka am 05.09.1942, gestorben am 12.02.1943 †

Urbach, Alexander des David, ✴1904, mobilisier aus Sarsaj am 05.09.1942, gestorben am 04.01.1943 †

Urbach, Jakob des David, ✴1924, mobilisiert aus Burno-Oktjabrskoje am 05.09.1942, desertiert am 20.06.1947

 

Weiz, Karl des Karl, *1895, mobilisiert aus Kislasker, Rayon Ajyrtau am 16.04.1942, entlassen am 22.01.1942

Weiz, Jacob des Karl, *1901, mobilisiert aus Usken, entlassen am 28.03.1946

{WIR BAUTEN DAS ATOMZENTRUM TSCHELJABINSK-40}

 

Heinrich Schneider in den 1950er Jahren
Heinrich Schneider in den 1950er Jahren

Heinrich Schneider aus Stahl am Karaman wurde wie auch viele andere Russlanddeutsche 1942 in die sogenannte Arbeitsarmee eingezogen. Erst nach der Perestroika in der Sowjetunion Ende der 1980er Jahre konnte er seine schmerzhafte Erinnerungen aufschreiben und veröffentlichen.

 

Ende 1953 bin ich aus der Trudarmee (Lager für Zwangsarbeit) zurückgekommen. Das heißt, dass ich doppelt so lange dort zubringen mußte, als die meisten meiner Leidensgefährten. Außer denen natürlich, die dort auf ewig geblieben sind. Noch vor einigen Jahren war es unmöglich sich vorzustellen, dass die am Leben Gebliebenen die Möglichkeit haben werden, sich öffentlich an die grausamen Jahre zu erinnern. Auch ich, der dank dem Trudarmistenschicksal in solche Ortschaften verschlagen wurde, selbst deren Namen strenggeheim waren, konnte nicht auf solche Gedanken kommen...

Als ich Ende 1989 in der Zeitung „Neues Leben“ den Artikel von Richard Blank „Sollen unsere Schmerzen in Vergessenheit geraten?!“ gelesen hatte, habe ich Ruhe und Schlaf verloren. Die Epopöe der Trudarmee auf der Tscheljabinsker Boden stand erneut wie in Wirklichkeit vor mir. Kurz danach sah ich eine Fernsehsendung, in der man Tscheljabinsk-40 einer amerikanischen Delegation vorstellte. Zu meiner Trudarmistenzeit war das ein streng geheimer Ort, wo wir eine ebenso geheime Stadt bauten, was mir 7 lange Jahre meines Lebens gekostet hat. Und ich beschloß darüber schriftlich zu berichten, obwohl ich mit der Feder nicht so gut wie mit dem Arbeitswerkzeug umgehen kann.

Die Trudarmee hat sich in mein Gedächtnis hauptsächlich durch ständige Verletzung der Menschenwürde, schreiende Ungerechtigkeit gegenüber uns, unschuldigen Opfern, eingeprägt. Sollte es mir überlassen gewesen sein die Front oder die Trudarmee zu wählen, hätte ich mich für die Front entschieden. Dort hat man, meines Erachtens, die Menschen wenigstens als Menschen geschätzt. Die meisten von ihnen waren ihres Leides und ihres Todes bewußt. Aber wir, Trudarmisten, fühlten uns als erbärmliche Käferchen, die jeder Lageraufseher in dem Lagerstaub zermalen konnte.

Nowokusnetzk

1990-1993

«Neues Leben», Nr.: 1, 2 Januar 1994

 

Die Seele widerhallt den Schmerz...

Ende 1953 bin ich aus der Trudarmee (Lager für Zwangsarbeit) zurückgekommen. Das heißt, dass ich doppelt so lange dort zubringen mußte, als die meisten meiner Leidensgefährten. Außer denen natürlich, die dort auf ewig geblieben sind. Noch vor einigen Jahren war es unmöglich sich vorzustellen, dass die am Leben Gebliebenen die Möglichkeit haben werden, sich öffentlich an die grausamen Jahre zu erinnern. Auch ich, der dank dem Trudarmistenschicksal in solche Ortschaften verschlagen wurde, selbst deren Namen strenggeheim waren, konnte nicht auf solche Gedanken kommen.

 

 

Durch Vertrauen angelockt...

Und wie der Leser es merken wird, ist nur der 2. Teil meiner Trudarmeebiographie mit den anderen meinesgleichen unähnlich. Jedoch ihr Anfang und die Vorgeschichte sind aber völlig gleich. 1941 bin ich 18 Jahre alt geworden. Ich wohnte im Dorf Stahl (Swonarjowka) Krasnojarsker Kanton in der ASSRdWD (Wolgadeutsche Republik), lernte in dem Gemüsebautechnikum. (Im übrigen muss hinzugefügt werden, dass sich 7 Kilometer von uns entfernt das Dorf Rosenheim befand, das in der skandalösen Publikation von W. Rudin als Ort der mythischen, feindschaftlichen Tätigkeit der Wolgadeutschen beschrieben wurde. Ich kann es bestätigen, dass dieser Herr rücksichtslos lügt. Ich habe persönlich bei der Aussiedlung geholfen, den deutschen Familien aus diesem Dorf rauszufahren. Wir tranken Wasser aus den Dorfbrunnen und, natürlich, keiner von uns hat sich vergiftet.) Nach der Deportation aus der Wolgadeutschen Republik kam ich in das Dorf Kasanka, das zu jener Zeit zu Nordkasachstan gehörte. Anfang 1942 hat man mich und meine gleichaltrigen Deutschen in das Rayonzentrum gerufen, und uns gesagt, dass wir in die Feldarmee einberufen werden. Wir haben das auch geglaubt, weil unsere gleichaltrigen Russen schon längst an der Front waren, aber wir hatten keine Ahnung, dass alle Russlanddeutsche, die in der Roten Armee gedient hatten, schon anfang 1941 aus der Armee vertrieben wurden. Wir freuten uns, dass wir, Deutsche, endlich wie die gleichberechtigten Bürger behandelt wurden! Die Russen, Leute anderer Nationalitäten, die ihre Verwandten in den Krieg verabschiedet hatten, haben uns jetzt mit anderen Augen angeschaut, freundlicher. Sogar das Herz des grimmigen Kolchosvorsitzenden ist weicher geworden. Er hat mich beauftragt, ein paar junge Pferde für das Militärkommissariat mitzunehmen.

Es fing ein unaufhörliches Schneegestöber an, so dass man die Hand vor den Augen nicht sehen konnte. Der Vorsitzende hat mir ein altes Pferd angespannt, weil es sich vom richtigen Weg nicht verirrt. Die jungen Pferde haben wir hinten angebunden. Das Rayonzentrum lag in 40 km Entfernung. Vorher bin ich dort noch nie gewesen, aber ich bewältigte den unbekannten, schweren Weg spielend, wie auf Flügeln. Die Pferde hat man mir im Kommissariat abgenommen. Und wir, Deutschen, sind ungebraucht geblieben. Uns hat man dort eine Woche lang, zu uns unbekannten Zwecken, bleiben lassen, danach durften wir zurück. Nach dem Rückkehr blieb der Umgang mit uns, die das Vertrauen der Behörden nicht verdient haben, beim Alten. Aber ich musste mich nicht so lange über die Stimmungswandlung grämen – in kürze hatte man mich in die Trudarmee mobilisiert.

Statt Front - „Arbeitskolonnen“

Laut Verordnung des Staatlichen Verteidigungskomitees der UdSSR vom 10 Januar 1942 sind beinahe ein Drittel der Deutschen in die „Arbeitskolonnen“ des NKWD (ofizielle Bezeichnung der Trudarmee) bis Kriegsende zum Bau des Bakalsker Hüttenwerks und der Bogoslowsker Aluminiumfabrik mobilisiert worden. Ich konnte gar nicht ahnen, dass das Hüttenwerk, dessen Bau bei Tscheljabinsk von der Zwangsarbeit meiner unglücklichen Landsleute geplant war, und auch ich am Bau dieses größten Industrieobjekts beteiligt werde. Um so mehr, es war schwierig sich vorzustellen, dass bei diesem Bau eine Unmenge Russlanddeutsche umkommen, und den Kollaborateurschandfleck mit sich ins Grab mitnehmen. Und das Hüttenwerk, das auf den Menschenknochen errichtet wurde, lieferte schon ein Jahr und vier Monate später Metall, aus dem die legendären Panzer T-34 gebaut wurden.

Am 9. Februar empfing uns Tscheljabinsk mit Wachhundegebell und unflätigem Schimpfen der Wachsoldaten, die unsere Kolonne dicht umringten. Ich geriet in die Bauabteilung Nr. 15. Es stand bevor, uns im Wald, auf einem vollkommen leeren Fleck zu plazieren. Bei Schneesturm und klirrender Kälte bauten wir Planleinenzelte auf, in denen wir uns bis Frühjahr durchquälten. Die einzige Wasserquelle war geschmolzener Schnee. Erst im Frühahr bot sich man die Möglichkeit uns in der Badestube zu waschen. Die 15 Kilometer bis zur Badestube mußten wir nachts zu Fuß zurücklegen und erst am frühen Morgen waren wir zurück. Anfangs hoben wir Baugruben aus und bauten Fundamente für die Walzguterzeugung. Später hat man mich in die Abteilung 6, Steinbruch, versetzt. Hier war es so unerträglich schwer, dass manche Trudarmisten verrückt geworden sind. Geschweige die katastrophal hohe Sterberate. Schließlich landete ich in der Abteilung 1, wo ich bis zum Schluß meines Aufenthalts in Tscheljabinsk blieb. Wir bauten zweistöckige Wohnhäuser in der sogenannten sozialistischen Stadt (Hüttenwerksiedlung). Hier habe ich als Maler angefangen. Dieses Handwerk, das ich mir in unmenschlich schweren Arbeitsbedingungen aneignen musste, so paradox es erscheinen mag, ist zum Lieblingswerk geworden. Unabhängig von der Situation war ich immer froh den Menschen Freude zu machen. Wenn ihnen deine Arbeit gefällt, ist das für dich ein Lebensansporn.

Die Ausnahmen bestätigen die Regel...

Nach und nach hat es sich bemerkbar gemacht, daß sich die Obrigkeit eine eigenartige Sorge um uns machte. Sie war an gesunder, starker Arbeitskraft interessiert. Leider war diese Sorge für uns mit neuen Strapazen verbunden. Als wir nach der Arbeit am Abend zurückkehrten, strömten alle sofort in den Speiseraum (Kantine). Hier gab man uns vorerst je 20gr. flüssige Hefe und nötigte uns einen bitteren gelben Aufguß aus Kiefernadeln zu trinken. Die Vitamine sollten uns Energie und Gesundheit liefern. Erst danach hat jeder seine ihm zustehende Portion Suppe gekriegt. Es ist mir in Erinnerung, wie es an einem frostigen Wintertag, die Trudarmisten, die das eklige Gebräu nicht verkraften konnten, es auf die Kantinentreppe schütteten. Das verwandelte die Treppe in eine Rutschbahn. Der Küchenchef, übrigens ein Deutscher, ein ehemaliger Offizier, der von der Front in die Trudarmee geschickt worden war, beschloss Ordnung in die Sache zu bringen und die Ordnungsverletzer ans Tageslicht zu ziehen. Ich stand als erster in der Schlange und nahm zum Schein einen Schluck von diesem Gebräu, den Rest schüttete ich auf die Treppe und reichte den Napf nach Suppe. Plötzlich packte mich dieser große kräftige junge Mann, der noch die Offizieruniform trug, an den Kragen und schleppte mich schreiend zum Abteilungsleiter mit 20 Tage Strafarest drohend. Wenige kamen lebend da raus. Ich erklärte, daß ich den Aufguß nicht mehr trinken konnte und ihn auf die Treppe geschüttet habe, weil ich in der Aufregung keinen passenderen Platz sah. Der Leiter der 1. Abteilung, ein Jude mit russischem Nanen Loginow, fragte den Küchenchef, ob er einen Kübel für die Aufgußreste vogesehen hat. Er antwortete auf militärische Art “keinesfalls!“ „Dann machen Sie es so, wie es sich gehört, dann wird die Treppe sauber sein“ befahl der Vorgesetzte und ließ ihn gehen. Ich blieb aber weiterhin stehen. Und da, wo wir allein blieben, sagte der Vorgesetzte plötzlich auf Deutsch „Hab ich es richtig gemacht?“ Meine Antwort war: „Ganz richtig“. „Du bist frei“, - sagte er mir doppelsinnig zum Abschied.

Später wollte es das Schicksal, daß ich noch einmal diesen für jene Bedingungen untypischen Leiter begegnete. Nach der Erfoldreichen Schlacht bei Stalingrad hat sich die Ernährung der Trudarmisten ein wenig gebessert, und es schimmerte die blasse Hoffnung am Leben zu bleiben. Für unserer Brigade ist eine besondere, reichliche Verpflegung angeordnet worden. (insgeamt waren es drei Verpflegungsstufen.) Die jenigen, die die Tagesnorm mit 130% erfüllten, bekamen 1 Kilo Brot. Unser Brigadier war ein junger , flegelhafter Mann, der kein Mitleid mit unsereins hatte. Es kam mal vor, dass unsere Brigade besonders schwere Belade- und -Entladearbeiten erfüllen musste und so bekam einige Tage hintereinander jeder das ihm zustehende Kilo Brot, ich aber, der Schüchternste, den 800 Gramm Rest. Ich habe mehrmals versucht, das beim Brigadier zu klären, er aber hat mich jedesmal grob angeschnauzt. Sich nach dem Grund zu erkundigen, wollte er nicht, oder ihm bangte davor. Da beshloß ich mich bei dem Kolonnenvogesetzten zu beschweren. Der hat sich in Brigadiers Abwesenheit bei dem Gruppenleiter erkundigt, wie ich arbeite, die Antwort war „gewissenhaft“, und der Vorgesetzte versprach mir zu helfen. Es vergingen aber 5 Tage und nichts hat sich geändert.In der Verzweiflung hab ich mich an die letzte Instanz zu wenden entschieden, an Loginow. Als ihm bekannt wurde, daß ich die Tagesnorm auf 137% erfülle, hat er mich nach nach den Brigadier geschickt. Er lag auf der Schlafbank und machte voerst eine lange Brühe, aber als ihm die Ursache klar wurde, sprang er wie besessen auf. Vor dem Abteilugsleiter hatte man Respekt wegen seiner Strenge gehabt. Auf Anhib kriegte er beim Brigadier raus, daß ich die Wahrheit gesagt hatte. Loginow befahl ihm mit eiskaltem Ton: „morgen früh geben Sie Ihre Ration dem Schneider und Sie geben sich mit 800 Gramm zu Frieden solange bis Sie die Ursache nicht klären, warum er so wenig bekam. Klären Sie das über die Verwaltung und binnen 5 Tage soll er die Brotdifferenz bekommen! Kopiert?!“ Der Brigadier war wie vom Wind weggeblasen und wir wechselten dieselben Worte auf Deutsch so wie auch das vorige Mal. Das Herz hüpfte mir vor Freude, daß endlich die Gerechtigkeit gesiegt hatte, und auch bitter, daß ein gerechter Vorgesetzter in der Trudarmee bestätigt... Diese auf den ersten Blick unwesentliche Vorfälle aus meiner Tscheljabinsker Leben sind auf ihre Art und Weise bemerkenswert. Ich denke, daß sie bildhaft schildern was für eine Willkür in der Trudarmee herrschte, ungeachtet der strengen Reglementierung unseres ganzen Lebens. Und das Allekränkendste war, daß manchmal auch unsereins, die sich ein Bißchen hochgeschaft haben, uns beleidigten. Um Gerechtigkeitzu erlangen, waren wir manchmal gezwungen, uns an die hohe Obrigkeit zu wenden. Diese Versuche aber, waren natürlich nicht jedesmal erfolgreich, wie gerade beschrieben. Ich erinnere mich an den Versorgungsdienstleiter unserer Abteilung Silberman, der zufälligerweise wie auch Loginow Jude war. Wir froren in den Gummistiefeln, beschwerten uns,daß wir nicht arbeiten können. Dieser Langfinger aber, wie es sich herausstellte, hat die Filzstiefel, die uns zustanden, auf dem Markt verkauft. Es gab Gerüchte, daß man ihn dabei erwischt und vor Gericht gestellt hat, da bin ich mir aber nicht sicher.

Unsere Brigade aus 15 Mann erledigte alle Arbeiten beginnend mit der Grundsteinlegung, Maurerarbeiten bis zu der Innenaustattung, Malerarbeiten, Fenster und Türeneinbau und Plinthen. Bloß den Fußboden haben wir nicht gestrichen. Viel Zeit hat Bauholz, Zement, Kalkabladung in Anspruch genommen. Wenn es notwendig war, arbeiteten wir Tag und Nacht, bei Wind und Wetter und haben 2 bis 3 Tagesnormen erfüllt. Woher bloß die hungrigen, ausgemergelten Leute die Kraft schöpften? Die sogenannte Stachanowwachtnorm habe ich mehrmals auf 300-400% überboten. Aber außer Losungen, die man unter Blasmusikbegleitung an die Wand hängte, hatte der jenige und ich auch nichts davon. Aber einmal wurde ich durch Erholung in dem 1. Erholungsheim in der Zone belohnt. Die Nahrung war hier wesentlich besser, und ich, der so abgehungert war, konnte mich gar nicht satt essen. Vorwiegend erholten sich in der Heim Leute, die nicht körperlich schwer gearbeitet haben, die nicht so stark abgehungert waren und teilten ihre Rationen mit mir. Außerdem unterstützte mich nahrungsmäßig mein Schulkamerad David Richter. Er arbeitete in einer Schweinefarm und brachte mir Ölkuchen (Abfälle von Sonnenblumenölproduktion) was ich genau so lecker fand wie auch die Vierbeiner.

Auf diesem „Kurort“ bin ich in so eine Art Schläfrigkeit geraten, daß ich manchmal gar das Mittagessen verweigerte. Die Ärtzte untersuchten mich einige Male und wußten nicht, was mir fehlte. Und plötzlich wurde ich mit Fiber 40° auf die Krankenstation eingeliefert. Von dorther brachte man mich in das zentrale Tscheljabinsker Krankenhaus. Schon unterwegs habe ich mich besser gefühlt. Die Krisis war scheinbar vorüber. Ich wurde auf der Typhusstation untergebracht und trotz meinen Berhauptungen, daß mir nichts weh tut, ließ man mich einen Monat lang nicht fort. Am schwierigsten war die erste Woche. An eine so ausgiebige Nahrung gewohnt, bekam ich hier jetzt nur 40 Gramm Brot – klebriger schwarzer Klumpen. Außerdem stand uns zum Mittagessen eine Wassersuppe und Wasser zum Abendbrot zu. Diese kümmerliche Nahrung brachten meine körperliche Kräfte zum Schwinden, so wie ich zuvor war.

Da kam zum Glück eine Arztkomission aus Moskau und hat festgestellt, daß ich gar keinen Typhus hatte. Meine monatlange Leiden waren umsonst. Diesmal wies man mich in ein Sonderkomando unserer Abteilung zur Erholung ein. Halbtote Menschen nahmen eine ganze Baracke ein. Der Komandovorarbeiter hat sich über mich erbarmt und schickte mich auf den, von Allen begehrten Arbeitsplatz, wo das Brot auf Portionen zugeschnitten wurde. In einem Monat habe ich ganz schön zugenommen – 11 Kilo, die Ärtztin aus Moskau hat mich kaum wiedererkannt. Nach so einer ganz schön langzeitiger Erholung (die die Einmalige in Tscheljabinsk war) kehrte ich gerne zu unseren Malern zurück.

 

Leidensgefährten...

Es gelang mir in den ersten Monaten sehr schnell (2-3 Tage) die Hauptdaten von meinen Leidensgefährten im Gedächtnis zu speichern (Ca 50 Mann). Aber ein halbes Jahr später hat mein Gedächtnissvermögen drastisch nachgelassen. Dazu hat noch das beigetragen, dass wir stetig aus einer Brigade in die andere versetzt wurden.

Und trotzdem versuche ich meine Kameraden beim Namen aufzuzählen: Wanja Völker aus Sympheropol, Franz Remer aus Kertsch, Bogdan Keller aus Taschkent, Robert Esska aus Nordkasachstan, Kischler aus Rumenien (Brigadier), Eduard Doos aus Engels, mein Vetter und Landsmann David Schneider, Fedja Bossert, David Justus, Andrej Bischel, Karl Ginsburg aus Irkutsk, Wolodja Goppe, Sascha Ungefug, Fedja Stolzer, Riss. Insbesondere erinnere ich mich an Arnold aus Sympheropol. Er hat die Kunstfachschule in Odessa absolviert und hat dort den Bahnhof mit Malerei und Fresken versehen. Der Bahnhof wurde während des Krieges zerstört.

Dank Arnold haben wir hochqualifizierte Malerarbeiten auszuführen gelernt. Da wir dieses Handwerk uns angeeignet hatten, haben wir 1945-46 „äußerst wichtige Objekte“ - Generaldatschen auf Kurort Kaschtak bei Tscheljabinsk ausgestattet. Nach Kriegsende hat man mit der Entlassung der Trudarmisten mit unabgeschlossener Hochschulbildung angefangen. Wir haben auch unsere Entlassung eingereicht und hofften im Herbst nach Hause zu dürfen. Aber es ist uns gesagt worden, dass wir eher zu Hause sein werden, wenn schnellstens eine Arbeit von uns erledigt wird. Man steckte uns mit einer NKWD Begleitperson in einen Zug und wir fuhren los. Keiner von uns konnte ahnen, dass diese Reise die Rückkehr zu unseren nächsten Verwandten auf längere Zeit verschiebt.

Sonderaufgabe...

Administratoren verwaltet. Wir, Maler, zählten 350 bis 400 Mann. Als Brigadenleiter unserer drei Brigaden waren Deutsche – die schon oben erwähnten Stolzer, Friedenberg und ich.

Außer denen, die vertragsmäßig arbeiteten, hat man auf dem Bau auch eine Unmenge von Bauarmisten und Häftlingen beschäftigt. Der Obrrigkeit war kein Mittel zu schlecht. Und als Beispiel sind wir, die Fachleute von den Trudarmisten. Manchmal verrichteten wir auch Arbeiten gemeinsam mit den Häftlingen. Wenn es, zum Beispiel, eine umfangreiche Tischlerarbeit anstand, brachte man zu uns Männer, auch Frauen zum Fensterputzen in den neugebauten Häusern.

Die Sträflingslager haben wir aber nicht gesehen, wussten auch nicht, wo sie sich befanden. Es gab auch eine Sonderkategorie, zu der 17 bis 18-jahrige Mädchen gehörten, die nach dem sogenannten Drachenerlass wegen Verstoß gegen Arbeitsdisziplin verurteilt wurden.

Deutsche sah ich unter ihnen keine. Das Lager für diese Drachenerlassmädchen (unter den Leuten hat man es „Jugendstädtchen“ genannt), wo die Baracken ein wenig besser waren als unsere, und wo etwa 2000 Mädchen wohnten, lag neben unserem. Meiner Meinung nach war diese Nachbarschaft kein Zufall.

Uns stand bevor, in erster Linie die Wohnhäuser, das Gebäude des Dramtheaters, das Lichtspieltheater, das Institut für Kernphysik, (das später den Namen I.W. Kurtschatow bekam), Cottagen für Generäle, Obrigkeit und hervorragende Wissenschaftler zu bauen. Die Cottagen haben wir vorerst mit Trockenputz und erst danach gründlich ausgestattet. Es waren 5 bis 10-Raum-Wohnungen. All diese Häuser baute man im Nadelwald, an einem malerischen See. Die Cottagenausstattung haben wir über eine längere Zeit mit meinem Kamerad Karluscha Ginsburg gemacht.

Ein paar Monate pro Cottage brauchten wir schon. Im Institut dauerte die Ausstattung des Arbeitszimmers für Kurtschatow, der Bibliothek und der Aula anderthalb Jahre.

Wir hatten Glück, den berühmten Gelehrten einige Male zu sehen. Bei Ankunft begrüßte er uns freundlich: „Guten Tag, Meister!“, beobachtete einige Augenblicke unsere Arbeit und verschwand unbemerkt. Später kriegten wir den Auftrag, auch seine Cottage auszustatten. Kurtschatow war zu dieser Zeit verreist und wir wurden von seiner Gattin kommandiert.

Nebenan des Gelehrten Cottage lag auch das Haus des Generalleutnants E. P. Slawskij, der später lange Jahre das Mittelmaschienenbauministerium der UdSSR leitete, ist Dreifachheld der Sozialistischen Arbeit geworden. Bei den beiden hat die Arbeit uns Spaß gemacht. Bei Kurtschatow haben wir in zwei Zimmern eine Tapetenausstattung gemacht, in den übrigen drei - kleberkreide Couleur. Hier arbeitete mit uns ein Tapezierer Namens Smirnow aus Moskau. Weiterhin haben wir paarmal Generalarbeitszimmer im Atomwerk ausgestattet, wo wir wie eingefleischte Feinde auf Schritt und Tritt bewacht wurden.

In den Generalcottagen haben wir auf jede Art und Weise Schlafzimmer, Besuchzimmer, Arbeitszimmer u.s.w. verziehrt. Im Cottage des Rektors des Atomwerkes, Zweifachhelden der Sozialistischen Arbeit, General-Major-Ingenieurs B.G. Musrukow haben wir auch gearbeitet.

Vor der Ernennung zu Tscheljabinsk-40 ist er 8 Jahre lang Uralmaschdirektor gewesen. Die Hälfte seines Hauses haben wir zu zweit ein halbes Jahr lang und die zweite Hälfte zu fünft zwei Monate lang ausgestattet.

Für die Arbeit auf diesen eingenartigen Objekten wurde ich von der Obrigkeit beauftragt, die besten Arbeiter auszuwählen. 10 Mann habe ich ausgesucht, je zwei pro Cottage. Mit mir arbeiteten meine alten Kameraden A. Bischel, W. Goppe, D. Schneider, Riss, A. Ungefug, R. Esskka, K. Ginsburg, auch Werner, Wasja Grebenjuk und Sascha Dewjatkin. Als Oberbauleiter war einer von meinen früheren Bekannten O. Arnold. Er kam mit der Obrigkeit nicht klar, sie konnte ihn wegen seines Gerechtigkeitssinnes nicht dulden. Schließlich wurde er 1952 mit seiner Frau nach Leninabad versetzt. Vor seiner Abreise übergab er mir die Schlüssel von seiner Einraumwohnung. Ich ging zum Verwalter und er genehmigte mir den Einzug in diese Wohnung. Es muss gesagt werden, dass nur Wenige Wohnungen bekamen. In erster Linie wurden die Arbeiter des Atomwerks mit Wohnungen versorgt. Diejenigen von uns, die Familien gründeten, bauten für sich selbst schlichte Behausungen. Etwa hundert deutsche Frauen arbeiteten bei Tcheljabinsk-40. Und als Ehefraukandidatinnen waren sie, wie gesagt, Mangelware. Russinnen heirateten wir auch, die sogenannten Ukasnizy. Eine von ihnen, Weberin aus Kostroma, G.E. Smirnowa ist meine Frau geworden.

 

Die Trudarmisten arbeiteten... für Berija...

Im letzten Jahr arbeiteten in meiner Brigade Russen und Deutsche zu gleicher Zahl ungefähr. Wir lebten friedlich miteinander, Konflikte gab es zwischen uns so gut wie keine. Als im Atomwerk Havarien passierten, hat man dorthin nur Russen hingeschickt. Zurückkommend, haben sie erzählt, dass es ihnen bange ist, und dass sie je schneller desto besser von hier wegwollten, und noch hinzugefügt, dass an diesem verdammten Ort besser wäre, Deutscher zu sein. Die deutschen Fachkräfte (Montagearbeiter oder uns Maler) hat man in sehr seltenen Fällen eingesetzt. Als wir die russischen Kollegen von der Havarieliquidation zurückkommen sahen und uns ihre Eindrücke anhörten, fühlten wir uns, selbstverständlich, nicht beleidigt bezüglich solcher Äußerungen. Im Oktober 1949 lieferte das Werk das erste Produkt für die Atombombe. Das war Anlass zu großer Feier. Was da produziert wurde, ist nicht an die große Glocke gehängt worden, aber Jedermann wusste das. Als wir nach Tscheljabinsk-40 kamen, war in den naheliegenden Seen sauberes Wasser und es gab auch Fische drin. Anfang 50-er Jahre gingen die Fische langsam zugrunde.

Über die Krankheiten der Menschen war es nicht üblich öffentlich zu sprechen, viele verspürten jedoch irgendwelche Müdigkeit. Die Arbeiter des Atomwerks wurden gut bezahlt. Aber die Mannsleute büßten die Zeugugsfähigkeit ein und ertränkten den Kummer im Wein.

Im Institut der Kernphysik, dem Atomwerk zum Gegensatz, sind wir regelmäßig gewesen. Man hat gesagt, dass das Gebäude aus der Luft einem Flugzeug ähnelt. Von den Mitarbeitern des Instituts waren wir vollkommen isoliert. Für sie waren sogar von uns getrennte Aufgänge bestimmt. Um dieses Riesenobjekt schneller fertigzustellen, sind hierher bis zu 100-200 Maler herangezogen worden. Von der Regierung aus leitete dieses Atomprojekt Berija.

Bei Tscheljabinsk-40 gehörte ihm ein Haus aus 6 Räumen, obwohl er nur 2-3 mal im Jahr hierherkam. Nebenan befand sich ein Hotel für Generäle. Ich erinnere mich, wie wir mal mit Ginsburg zwei Generalwaggons repariert haben. Als wir aber mit dem dritten angefangen haben, bemerkten wir sofort, dass da irgendwas nicht stimmt: ganz andere Bewachung, ein Kommandant. Und was da zu reparieren war, konnten wir nicht sehen. Alles in Glanz, luxuriöse Möbel, Spiegel hinten und vorne, ein Radioempfänger, mit dem man die ganze Welt emfangen könnte. Außer Salon und Küche waren im Waggon auch Schlafzimmer für den Herr, den Arzt und den Koch. Gerade die sollten wir aufs Neue ausstatten, auch die Decke im Salon. Unser dritte Kollege Smirnow kam mal ins Gespräch mit dem Kommandanten. Danach hat er im Flüsterton uns mitgeteilt, dass der Waggon, den sich Berija angeeignet hat, früher Ribbentrop gehörte, und es war auch verständlich, dass der neue Besitzer die Ausstattung des faschistischen Bonze ändern wollte. Als gerade die Arbeit im vollen Gange war, erschien für eine Woche Berija höchstpersönlich. Es ist nicht schwierig sich vorzustellen, wie wir uns fühlten. Wir bannten jedoch unsere Nerven und beendigten mit Erfolg die schwierige Arbeit.

Das war die Paradoxie des Stalinsystems: die unzuverlässigen Deutschen, die Trudarmisten, dienten dem grausamsten Diktator, dem allermächtigsten Haupt „der Organe“. Vor Berija hatte man panische Angst. Immer, wenn er in Tscheljabinsk-40 Besuch machte, das Feinbrot für ihn buck nach Extrabestellung der Bäckereidirektor Schmidt eigenhändig. Hier, wie auch allerorts zu jener Zeit, wurden auf Berijas Anweisung sogenannte Geheimzimmer eingerichtet, eine Art von parallelen Personalabteilungen. Auf diese Weise wurden unermüdlich Gereden und Gerüchte gesammelt, für die die Leute später büßen mussten. Nicht beneidenswert war auch das Schicksal von Schmidt. Berija hat sich bei ihm eigenartig„bedankt“, befahl ihn mit den Kriminalverbrechern in demselben Waggon nach Magadan zu verbannen. Zu jener Zeit hat sich eine richtige Hexenjagd entfaltet, nachdem in Moskau der „Ärzteprozess“ zusammengeschustert wurde. In Tscheljabinsk-40 gab es genug Juden, auch unter der Obrigkeit. Gleich danach sind sie verschwunden, keiner wusste wohin. Einige Jahre später hatte ich die Gelegenheit einen von denen, Oberstleutenanten im Medizindienst Epstein, zu treffen. Er war in Kusbass im Institut der Ärtztevervollkommnung tätig.

An die Nachricht von Berijas Verhaftung konnten wir kaum glauben. Er war doch so gut wie der zweite Stalin. Aber bald darauf haben sich die Folgen seines Arestes bemerkbar gemacht: aus Tscheljabinsk-40 nach Moskau sind alle Generäle, die dem gestürzten Satrapen untergeordnet waren, abberufen worden. Und als Stalin Nr. 1 starb, wir arbeiteten zu diesem Zeitpunkt an der Instandsetzung eines Kaufladens, hat sich keiner von uns, Malern, gegrämt, einschließlich auch die Russen. Im Gegensatz, wir haben auf Besserung unserer Lage gehofft. Wenn schon irgend jemand den Tod des geliebten Führers betrauert hat, waren die Ehefrauen der Offiziere.

 

Generalsgnade...

Als ich in Tscheljabinsk-40 arbeitete, hatte ich das Glück, mich dem Bauvorgesetzten Generalmajor M.M. Zarevskij anzunähern. Ungeachtet seiner hohen Stellung, obwohl er für Errichtung eines außerordentlichen Objekts verantwortlich war, erwies er sich als herzlicher, entgegenkommender Mensch. Wir waren grade dabei, die Cottage seines Vorgängers, Generalmajor Rappoport einzurichten, weil er nach Moskau abberufen wurde. Es hat sich herumgesprochen, dass er sich dem Riesenbau nicht gewachsen zeigte, insbesondere beim Bau von Zufahrtsstraßen. Wir mussten zu fünft an der Instandsetzung der Cottage des neuen Chefs schichtweise, Tag und Nacht, arbeiten, weil seine Familie schon aus Moskau losgefahren war, und der Waggon mit den Möbeln ebenfalls unterwegs sein musste. Mein Vorgesetzter, Hauptmann Wolodin, sagte: „Schafft ihr das rechtzeitig – kriegt ihr eine Belohnung“, und die gab´s tatsächlich. Ich bekam meine 700 Rubel. Die Familie des Generals war da: die Frau, die Tochter und die Hausgehilfin. Als der Waggon angekommen war, hat es sich herausgestellt, dass die Möbel, die Bilderrahmen und sonstige Sachen zum Teil beschädigt waren. Die Obrigkeit hieß mir, das alles zu reparieren und versprach 10 Tage Urlaub dafür. Es hatte keinen Sinn ihn hier abzubummeln: wenn man in der Freiheit beschränkt ist, wird sie besonders begehrt. Außerdem hatte ich den heißen Wunsch, meine Mutter zu besuchen, die sich bei Swerdlowsk befand. Eine Genehmigung zu kriegen, die Zone zu verlassen, war es so gut wie unmöglich. Mit schwerem Herzen entschied ich mich an Zarewskij zu wenden.

Diese heikle Sache schob ich auf den letzten Arbeitstag in der Cottage. Der General kam wie gewohnt um 7 Uhr abends zum Abendbrot, danach fuhr er gewöhnlich wieder zum Dienst bis 12 Uhr Nacht. In diesem Rhythmus arbeitete damals die ganze Obrigkeit. Ich tat meine Arbeit und strebte danach, in Zarevskijs Nähe zu sein. Die Hausgehilfin brachte das Essen. Das, was gebracht wurde, war wider seinen Geschmack, der General bevorzugte allen Gerichten Krebssuppe. Sich entschuldigend kam die Frau rein. Er wies an, dass er morgen diese Suppe haben will. Im Herzen dachte ich: Pech gehabt, der General ist schlechter Laune und so eine Gelegenheit, mich an ihn zu wenden, wird sich wohl nie mal bieten. Aber meinen Befürchtungen trotz kam es aufs beste. Der General hieß mir, ein Gesuch auf seinen Namen zu schreiben und es ihm zu bringen. Vor Freude ganz von Sinnen rannte ich nach Hause.

Und am nächsten Morgen zu meinem Schrecken verspätete ich mich. Ich eile zum General mit dem Gesuch und sehe: sein 8-Zilinder Beuteauto gelber Farbe fährt auf mich zu. Zarevskij jedoch, hatte mich erblickt, hielt das Auto an und hat mich zugewunken. Ich reichte ihm das Papier hin, worauf er sagte: „Morgen gehst du zu deinem Kommandanten und darfst fahren“. Als ich zum Kommandanten – Major Musykantskij gekommen bin, hat es sich herausgestellt, dass er von nichts weiss. Auf meine Bitte, im Empfangszimmer anzurufen, erwiderte er: „Sie sind wohl verrückt? Er ist General, ich bin bloß Major. Das Risiko gehe ich nicht ein.“ Mir blieb nichts weiteres übrig, am Abend ging ich wieder zum General. Die Wache lies mich durch. Zarevskij, aus dem Gastzimmer kommend, sagte zu mir: „Ich habe vergessen, dem Kommandanten Bescheid zu sagen, morgen können Sie fahren.“ Am Morgen, mit aufgegebener Hoffnung, komme ich zum Kommandanten. Der, unerwartet lächelnd, bietet mir den Stuhl an und befiehlt die Erlaubnis auf Abreise zu erteilen. „Sind Sie Generals Privatchauffeur?“ „Nein“, sagte ich, „Ich bin Maler.“ Befremded guckte er mich an. „Also, Sie sind sein Verwandter?“ „Ach, wo denken Sie hin,“ starrte ich ihn verblüfft an. Schließlich, diese Tatsache, dass ich meine Mutter und meine Schwestern besuchen durfte, habe ich dem General zu verdanken. Der Kommandant aber, im Majorrang, hatte das gar nicht wagen dürfen, mir dieserart Erlaubnis zu erteilen. Zurückgekehrt bin ich, selbstverständlich, rechtzeitig. Der Kommandant: „Sie hätten auch getrost länger bleiben können, die Eile war unnötig.“

Kann mich erinnern, wie ich im Gastzimmer des Generals die Kronleuchterrosette gestaltete. Unser Bauleiter O. Arnold wollte die Gestaltung auf seine Art, der Architekt, Major Gurewitsch auf andere. Am Abend habe ich diese Meinungsverschiedenheit Zarevskij mitgeteilt, um seine Meinung zu wissen. Er darauf: „Und wie siehst du das?“ Ich habe es gesagt, worauf der General: „Kannst´s so machen. Baumeister hier bin ich, du – der Meister.“

 

Trotz allem haben wir die Zone hinter uns...

Jahre vergingen. Das Stalinbauprojekt war im Großen und Ganzen vollendet. Im Verwaltungsgebäudeblock des Atomswerkes führten wir vollständig die Ausstatungs-, Tischler- und Parkettarbeiten aus. Viele von uns hofften, dass es jetzt soweit sei, uns zu entlassen. Aber es stand noch bevor, etliche Wohnhäuser zu bauen. Erst 1953 hat man angefangen, die Trudarmisten nach und nach zu befreien. Anfang Herbst sind laut der Erlaubnis aus Moskau die meisten Deutschen weggefahren. Ich ging auch zum Leiter Major Rodionov, mit einem Entlassungsgesuch, der wollte aber davon nichts hören. Nach beharrlichem Betteln jedoch, schrieb er auf meinem Gesuch: „Es ist der einzige Fachmaler, der mir geblieben ist. Ich stelle es in Ihr Ermessen“. Seinen Vermerk richtete er an Zarevskij.

Als ich versuchte den General aufzusuchen, stellte es sich heraus, dass er nach Moskau verreist war. Auf seine Rückkehr zu warten, hatte ich keine Geduld, und ich entschied, mich an Zarevskijs Stellvertreter den Oberst Tschestnych zu wenden. Bei mir selbst dachte ich: „Vieleicht habe ich Glück, für ihn habe ich ja auch seine Fünfraumcottage ausgestattet“. Er jedoch rief bei Rodionov an, konnte ihn aber nicht erreichen. Ich jammerte, dass ich schon 12 Jahre lang von zu Hause weg bin. Er sagte, es sei nicht möglich, und dass ich in 20 Tagen vorbeikommen soll. Ich kam, es stellte sich aber heraus, dass er vergessen hat, sich um mein Anliegen zu kümmern. Da versuchte er wieder Rodionov anzurufen und wieder fehlgeschlagen. Und auf einmal, ganz überraschend für mich, unterzeichnete er mein Gesuch.

Obwohl ich außer mich vor Freude war, wusste ich, dass das Schwierigste noch bevorstand. Da Rodionov gegen meine Entlassung gewesen war, traf ich alle Sicherheitsvorkehrungen, dass weder die Personalabteilung, noch sonst wer über mein Vorhaben Wind bekämen. Zu Hause bereitete ich alles für die Abfahrt vor, in der Werksverwaltung ließ ich mir den Passierschein ausstellen, bestellte ein Auto und, obwohl ich schon die Kündigung hatte, ging zur Arbeit. Zu der Zeit arbeiteten wir an der Ausstattung eines Kaufhauses im Stadtzentrum auf dem Prospekt des Sieges (vor kurzem trug er noch den Berijanamen). Dass Rodionov an diesem Tag zu uns kommen vorhatte, um unsere Arbeit einzuschätzen, wusste ich. Als ich ihn sah, sagte ich ihm, dass für die Nussbauausstattung die nussbraune Farbe fehlt. Mit ihm fuhr ich zum Speicher, der 10-15 Kilometer von der Stadt entfernt war. Die Farbe fand ich mühelos. Den Speichermeister machte mein Kumpel Roman Seel aus Fergana. Wir wohnten in Nachbarschaft und er war über mein Vorhaben im Bilde. Ich borgte mir sein Fahrrad, dem Chef jedoch,der auf dem Speicher noch eine Zeitlang zu tun hatte, sagte ich, dass ich zur Arbeit fahre. Er hatte nichts dagegen. In rasender Eile jagte ich dahin. Dank dem unterhaltenen Weg kam ich geschwind voran.

Am Verwaltungsgebäude stand schon mir zugeteilter LKW bereit. In den das Fahrrad reingeschmissen, eilte ich zu meiner Wohnung. Da warteten schon meine Kameraden, die die Sachen hurtig aufluden. An der Ausfahrt der Zone jedoch sollten die Sachen zur Durchsuchung abgeladen werden. Die Soldaten durchwühlten alle Klamotten, Papiere, brachen den Grammophon auf, dessen Schlüssel verloren ging. Der Chauffeur sagte mir, dass so lange die Durchsuchung dauert, schafft er es bis in die Stadt und zurück (etwa 20 Kilometer). Das aber habe ich bitter bereuen müssen. Die Kontrolle war beendet, der Lastwagen blieb jedoch aus. Bei mir überlegte ich: jetzt kehrt der Chef zurück, findet mich in der Bude nicht vor, ruft hier an, und dann geht meine Heimreise flöten. Aber glücklicherweise sah ich auf einmal in Richtung Zone einen leeren Lastwagen fahren. Gegen 100 Rubel Belohnung willigte der Chauffeuer ein, meine Sachen mitzunehmen. Wenn er auch mehr verlänge, hätte ich auch mehr gegeben. Überzeugt, dass die Sachen kontrolliert wurden, half er mir, sie aufzuladen, und wir fuhren los.

Auf so originelle Weise endete am 23. Oktober 1953 meine durchaus ungewöhnliche Trudarmistenbiographie. Beinahe 12 Jahre lang hat es gedauert. Endlich kehrte ich zu meinen Verwandten zurück, die zu dieser Zeit in Stalinsk (heutzutage Nowokusnetzk) Gebiet Kemerowo wohnten. Es hat sich so ergeben, dass auch ich dort Wurzeln schlug, das Malerhandwerk auch weiterhin ausübte und 1984 in Rente ging. Heute bin ich 70. Manches aus meinem langen, ruhelosen Leben geriet, natürlich, in Vergessenheit! Aber das, was ich in der Trudarmee erlebt habe, bleibt in meinem Gedächtnis für immer.


 

Heinrich Schneider, geboren 21.12.1923 in Stahl am Karaman, Russland, 

gestorben 23.10.2011 in Deutschland